Mobile Security, Verschlüsselung & Datensicherheit

Staatstrojaner: Gefahr für IT-Standort Deutschland

Gegen den Einsatz des Staatstrojaners durch das BKA regt sich erheblicher Widerstand. Unter anderem ist es der Bundesverband für IT-Sicherheit, der deshalb in Karlsruhe Beschwerde einlegen will. Auch der Datenschutzverein Digitalcourage sieht erheblichen Handlungsbedarf, um gegen derartige Abhörpraktiken vorzugehen.

Beschwerde-Flut

Mehrere Bürgerrechts-Initiativen und Vereine, die sich für IT-Sicherheit einsetzen, planen Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einzulegen, wie derwesten.de berichtete. Grund dafür ist, dass BKA-Ermittler den Trojaner laut Berichten seit kurzem heimlich auf Smartphones von Verdächtigen, um vor allem die verschlüsselte Kommunikation von Messenger-Diensten wie WhatsApp, Telegram und Signal von Verdächtigen zu überwachen.

Der Bundesverband für IT-Sicherheit Teletrust, in dem sich mehr als 300 Vertreter aus Industrie, Wirtschaft und Verwaltung organisieren, wird nach Informationen von derwesten.de  noch im Februar eine Beschwerde in Karlsruhe einreichen.

Bedrohung durch Überwachungssoftware

Der Verband sieht die IT-Sicherheit in Deutschland insgesamt durch die Überwachungs-Software bedroht. So heißt es gegenüber der Redaktion von derwesten.de von Holger Mühlbauer, Geschäftsführer des Bundesverbands:

„Durch Maßnahmen wie den Staatstrojaner wird der digitale Industriestandort Deutschland gefährdet“

„Derzeit haben wir noch einen industriepolitischen Vorteil: Unternehmen weltweit schätzen die hohe IT-Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit hierzulande. Dieses Pfund könnte durch den Staatstrojaner verspielt werden“

In diesem Zusammenhang wird befürchtet, dass die Behörden sich für ihre Spähmaßnahmen  entweder physischen Zugriff auf das Gerät verschaffen müssen oder aus der Ferne den Trojaner installieren müssen. Das bedeutet aber die aktive Ausnutzung bestehender Sicherheitslücken.

Angriff auf das gesamte Sicherheitsniveau

In diesem Zusammenhang befürchten Sicherheitsexperten mehr Cyberkriminalität, Wirtschaftsspionage und IT-Angriffe von Terroristen. Es bestünde durch den Staat ein Interesse daran, bestehende Lücken offen zu halten, um seine Überwachungs-Software zu installieren. Eine Sache, die das Sicherheitsniveau insgesamt schwächt.

Gerade im „Darknet“ blüht der Handel mit sogenannten „Zero Day Exploits“, noch unbekannten Sicherheitslücken. Als Käufer sind dort neben Cyberkriminellen und Terroristen auch die Geheimdienste unterwegs. Laut den Enthüllungen von Edward Snowden ist bekannt, dass die NSA jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag für den Kauf von Sicherheitslücken ausgibt.

Dazu weist Norbert Pohlmann, der IT-Experte und Vorsitzende des Bundesverbands IT-Sicherheit, auf die Gefahr hin:

„dass durch die systematische Verwendung von Schwachstellen für die Installation des Bundestrojaners ein Bieterwettbewerb um Exploits gefördert wird.“

Kritiker sehen hier auch die Gefahr, dass die Preise für Sicherheitslücken auf dem Markt weiter anziehen könnten und das Geschäft für Hacker noch an Attraktivität gewinnen.

Die Einsatzgebiete der Software

Eine von der großen Koalition Mitte 2017 beschlossene Änderung der Strafprozessordnung weitete den Einsatz der Software aus. Daraus folgen zwei Einsatzgebiete:

• Quellen-TKÜ: Das verdeckte Anzapfen der Kommunikation dürfen Ermittler seit der Gesetzesänderung bei Straftatbeständen einsetzen, darunter Drogenhandel, Hehlerei und schwere Fälle von Steuerhinterziehung. Die Behörden brauchen einen richterlichen Entschluss.

• Online-Durchsuchung: Die Behörden haben nicht nur Zugriff auf die Chatnachrichten, sondern auf das gesamte Gerät. Theoretisch können sie auch Mikrofone und Kameras von Handys einschalten und die gesamten gespeicherten Daten durchsuchen. Ermittler dürfen Online-Durchsuchungen durchführen, wenn sie „besonders schweren Straftaten“ wie Terroranschläge abwehren wollen. Auch hierfür braucht es eine richterliche Entscheidung. Die Behörden betonen, dass diese Methode nur selten zum Einsatz komme.

Dazu sagt Netzaktivist und Gründer des Datenschutzvereins Digitalcourage, padeluun:

"Es darf nicht sein, dass der Bürger ständig das Gefühl hat, in irgendeiner Art und Weise überwacht werden zu können“

Sicherheitslücken bestehen bei allen Bürgern

„Damit ist potenziell jeder abhörbar.“

Beispiel für die Auswirkungen der Nutzung von Schwachstellen ist der Erpressungstrojaner „WannaCry“. Er hatte Hunderttausende Geräte auf dem ganzen Globus befallen. Das gelang über eine Sicherheitslücke, die ursprünglich vom US-Abhördienst NSA ausgenutzt wurde, aber durch ein Datenleck an die Öffentlichkeit gelangte.

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