Problematische Praxis
Spezialisierten Anwaltskanzleien reagieren auf tatsächliches oder mutmaßliches Filesharing mit einer Abmahnung. Die Beschuldigten sollen daraufhin hohe Bußgelder zahlen. Eine problematische Praxis, die nicht nur von den Aktivisten des Chaos Computer Clubs (CCC) moniert wird,wie focus.de berichtete.
Immerhin birgt dieses Verfahren zahlreiche Unklarheiten. Sie bestehen unter anderem darin, dass nicht eindeutig klar ist, ob die Abgemahnten die Dateien tatsächlich selbst verbreitet haben. In den meisten Fällen müssen sie aber trotzdem haften.

Die Geschäfte der „Abmahnindustrie“
Es hat sich mittlerweile zu einer gängigen Geschäftspraxis von einigen Anwaltskanzleien entwickelt, die der Informatiker Dirk Engling in seinem Vortrag gemeinsam mit der Anwältin Beata Hubrig auf dem 33. Jahreskongress des CCC kritisierte.
Darin wurde deutlich, dass die mutmaßlichen Uploader häufig auf Grundlage von Daten ermittelt würden, deren Qualität er in Frage stellt. Massenweise würden die Kanzleien Abmahnungen an Anschlussinhaber verschicken, weil über ihre Internetanschlüsse urheberrechtlich geschütztes Material verbreitet worden sein soll. Dazu zählen nicht nur Filme oder Computerspiele, sondern auch Bilder von Prominenten, die auf Facebook geteilt werden. Daneben müssten Anschlussinhaber auch dann zahlen, wenn Dritte über ihren Internetzugang Rechtsverstöße begingen.
Goldgrube für Anwaltskanzleien
Es ist ein wahre Goldgrube, das Geschäft mit den Abmahnungen. Trotz zahlreicher Unklarheiten, darunter der Frage, wer das Material tatsächlich weiterverbreitet hat, gelingt es Anwaltskanzleien vor Gericht zu bestehen. Es sollen laut Hubrig 10.000 Abmahnungen pro Monat sein, denen in der Regel einen Streitwert von 700 bis 1500 Euro zu Grunde liegt.
Kritik übte Hubrig an der Festlegung der Höhe der Strafen, die bis zu 15.000 Euro betragen würden. Gerade bei den besonders hohen Beträgen stünde eine abschreckende Wirkung im Vordergrund. Was schon in einem strafrechtlichen Verfahren bedenklich sei, ginge in einem Zivilverfahren aber „erst recht nicht.“
Die Gegenoffensive
Mit einer Gegenoffensive wollen Hubrig und die Anwältin Engling erreichen, dass die Kanzleien künftig verpflichtet werden, jeder Abmahnung ein Antwortformular in Papierform beizulegen. Dann könnten Betroffene die Kanzleien zwingen, sich inhaltlich mit ihrem Fall auseinanderzusetzen, anstatt nur Textbausteine zu verschicken und ahnungslose Internetznutzer abzukassieren.
Für Betroffene steht bereits ein „Abmahnbeantworter“ des CCC bereit. Damit sollen mit wenigen Klicks Antworten auf Abmahnungen erstellt werden können. Unter Experten ist diese Verfahrensweise allerdings umstritten und gilt als Wirkungslos.